„Jetzt isch es gnuag“, sagte Josef Kieble an seinem 90. Geburtstag. Nicht ganz: Noch ein letzter Flug im Simulator stand an: Landung einer Boeing in Hong Kong.
Text udn Fotos: Heinz Mauch
Sehr rüstig und fidel ist er, unser Josef Kieble, der am 25. November seinen 90. Geburtstag gefeiert hat. Nach 62 Jahren an Steuerhörnern und –knüppeln unzähliger Flugzeugtypen und im Hubschrauber hat er nun seine Lizenzen nicht mehr verlängert. „Jetzt isch es gnuag“, sagte unser Josef nicht gerade traurig. Er tat sich schwer, in ein Flugzeug auf der linken Seite einzusteigen, hat er doch über all die Jahrzehnte größtenteils auf dem rechten Lehrersitz Platz genommen. Diesen wird er jedoch auch künftig des Öfteren einnehmen, ist er nunmehr als „Passagier“ ebenso begehrt als äußerst erfahrener Mitflieger mit seinen etwa 11 000 Flugstunden.
Es ist schwierig, jemand eine Ehrung zukommen zu lassen, wenn diese Person schon alles hat. So wie bei Josef. Also musste sich die Fliegergruppe etwas anderes ausdenken, um seinen 90. Geburtstag gebührend zu würdigen. Josef Kieble bekam deshalb als Geburtstagsgeschenk einen Simulatorflug bei simINN in Böblingen auf einer Boeing 737. Nunmehr hatte Josef wieder einmal die Gelegenheit, mit seinen 30 000 Starts seine Begleiter bei diesem Event ins Staunen zu versetzen.
Der Flugsimulator der Firma SimInn steht auf dem ehemaligen Flugfeld, das Kieble auch noch aus seiner fliegerischen Frühzeit kennt. Virtuell gestartet wurde auf dem Flughafen Stuttgart, von wo aus Josef Kieble auch noch die Flughäfen in San Francisco und eben Stuttgart ansteuerte.
Außerhalb des Cockpits sitzen über ein Dutzend seiner Vereinskameraden und klatschen begeistert Beifall. Denn Josef hat es wieder einmal fein hingekriegt: etwas angespannt, und dennoch souverän steuert er eine Boeing 737-800 knapp über die Dächer von Hong Kong zum Flughafen Kai Tak und landet den Jet ohne nennenswerte Komplikationen. Allerdings gibt es den alten Flughafen in der chinesischen Metropole nicht mehr. Und das gesteuerte Verkehrsflugzeug besteht lediglich aus einem Original-Cockpit, das mit entsprechender Flugsimulations-Technik und originalen Instrumenten ausgerüstet ist.
Vom Co-Pilotensitz aus bekam Kieble immer wieder Anweisungen zu Kurs und Höhe von der ausgebildeten Verkehrspilotin Sarah Schollenberger. Sie nutzt wie ihrer Kollegen und Kolleginnen, immer wieder den Simulator zu ihrem Training, betreut aber auch aus Freude an der Vorführung eines virtuellen Fluges die Gäste im Cockpit.
Wieder in der Realität angekommen, gab es für Kieble bei einem Abendessen eine weitere Überraschung: Vize-Präsident Hans-Joachim Pross und Geschäftsführer Klaus Michael Hallmayer vom Baden-Württembergischen Luftfahrtverband überreichten ihm angesichts seiner vielen Verbands- und Vereins-Ehrenämter einen stattlichen Geschenkkorb.
dgm